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AutorenbildAnke Lasserre

Beobachtungen an einem Kindergeburtstag



Meine Jungs sind zu einem Kindergeburtstag im Park eingeladen. Ich stehe mit einer anderen Mutter, die ich gerade erst kennengelernt hatte, in der Nähe der Schaukeln und unterhalte mich, während die Kinder ringsumher spielen. Ihr Sohn (8) kommt angesprungen und bittet sie, seinen Plastikbecher zu halten, solange er sich einen Hot Dog vom Büffet holt. Er fürchtet, sein Becher könnte sonst mit den anderen verwechselt werden, da sie alle gleich aussehen. Sie sagt zu ihm „Nein, stell ihn irgendwohin, wo Du ihn wiederfindest, ich will ihn nicht halten.“ Der Kleine antwortet: „Aber er könnte mit den anderen durcheinanderkommen, bitte, Mama – es ist ja nur für eine ganz kurze Zeit.“ Sie: „Ich habe Nein gesagt! Du bist ein großer Junge, geh und stell den Becher neben den Wasserspender, da findest Du ihn leicht wieder, das wird schon OK sein.“ Der Junge ist aber weiterhin besorgt, wiederholt höflich seine Bitte doch seine Stimme fängt bereits an, etwas zu schwanken. Da wird die Mutter plötzlich sehr streng: „Ich sagte Nein! Sei nicht albern, sonst gehen wir jetzt sofort nach Hause!“

Das arme Kind hatte keine Chance. Mit hängendem Kopf und vorgebeugten Schultern stellt er den Becher auf den Tisch neben den Wasserspender und holt niedergeschlagen seinen Hot Dog. Er fühlt sich überfahren. Seine ganze Freude und Leichtigkeit sind verschwunden. Die Mutter war das Ganze offensichtlich, sie dreht sich mir zu und lächelt entschuldigend: „Er ist furchtbar müde heute…“.


Naja, ist er das? Hat er sie nicht freundlich um einen kleinen Gefallen gebeten? Wiederholt höflich erklärt, warum er ihre Hilfe benötigt? Ist es nicht vielleicht eher die Mutter, die müde, angespannt und genervt ist? Sie hatte ohne jede Empathie geantwortet, seine Besorgnis nicht ernst genommen, bzw. ihm überhaupt nicht wirklich zugehört. Stattdessen hat sie ihn als „albern“ betitelt, und ihm mit ihrer Überreaktion (der Drohung, die Party sofort zu verlassen) jeglichen Spaß an der Geburtstagsfeier mit einem Schlag zerstört. Würde sie so zu einem anderen Erwachsenen sprechen, wenn der sie um dasselbe gebeten hätte? Unwahrscheinlich.

Wie einfach wäre es gewesen, diese Situation vollständig zu vermeiden oder aufzulösen. Entweder, indem sie den Becher einfach kurz für ihren Sohn hält, oder, wenn sie das eben nicht will, indem sie dem Kind richtig zuhört, seine Sorge ernst nimmt, ihm ruhig ihre eigene Position schildert und dann mit ihm gemeinsame eine Lösung findet.


Trotz allem, ich mache ihr keinen Vorwurf. Es ist einfach nur ein typisches Beispiel, wie wir manchmal (über)reagieren, wenn wir von unseren Kindern unterbrochen werden, oder uns vor jemand anders etwas unangenehm ist. Unsere (unangemessene) Reaktion kann auf anderen, potentiell völlig unverbundenen Dingen basieren, die gerade in unserem Leben vorkommen oder in der Vergangenheit vorkamen, oder einfach, weil wir momentan gestresst und erschöpft sind. Unser Fass ist voll, und jeder Tropfen, auch wenn er mit dem Rest nichts zu tun hat, bringt es zum Überlaufen.


Wenn wir in solchen Augenblicken nicht achtsam sind, verlässt uns schnell unser Mitgefühl, werden unsere Worte schärfer, werden alte Muster (wie z.B. wenig hilfreiche Antworten unserer eigenen Eltern) automatisch auf unsere Kinder und Mitmenschen losgefeuert.

Ich selbst habe das schon tausendfach gemacht, wenn auch gefühlt nicht so offensichtlich wie im Beispiel oben (wobei es für die Mutter selbst nicht offensichtlich war). Es hatte enorm negative Auswirkungen auf meine Kinder und die ganze Familie. Um es zu ändern, musste ich mir erstmal bewusst werden (bzw. es musste mir vom Coach bewusst gemacht werden), dass ich überhaupt scharf kommuniziere! Eine unangenehme Einsicht...


Das Schwierigste ist für mich, mich nicht von der Situation überwältigen oder mich zu einer falschen Reaktion verführen zu lassen, sondern stattdessen kurz NICHTS zu tun oder zu sagen. In dieser kleinen Pause liegt die Kraft! Wenn ich es schaffe, präsent genug zu sein, mir mein Erleben in dieser Sekunde bewusst zu machen, bevor ich eine Automatik-Antwort losschieße, präsentiert sich gewöhnlich eine bessere Alternative. In dieser kleinen Pause sage ich mir „Ich habe volles Vertrauen, dass eine für alle gute Lösung kommt.“ und warte ab. Und dann kommt sie auch! Ich werde in den kommenden Blogs konkret noch mehr dazu schreiben.


Hast Du auch eine Technik, die Ihnen hilft, wieder ins Gleichgewicht und in schwierigen Momenten zu mehr Achtsamkeit zu kommen? Ich würde sehr gerne davon erfahren!


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